katjaskleinelitsession

maßlos Gereimtes und Ungereimtes




Mein hausfrauliches Waterloo



Ich hätte doch auf meine Mutter hören sollen. Schon als Kind hatte sie mir verboten,

Fremde in die Wohnung zu lassen.

Nur benahmen sich diese beiden Außendienstmitarbeiter einer renomierten Staubsaugermarke nicht wie Fremde. Ganz im Gegenteil. Eigentlich merkte ich erst, als sie schon lange wieder weg waren, dass ich keinen der beiden je zuvor gesehen hatte.

Zu meiner zugegebenermaßen jämmerlichen Entschuldigung muss ich sagen, dass ich an diesem Abend, - es war immerhin schon nach 19.00 Uhr und der tägliche "Abend-

wahnsinn" mit den Kindern war in vollem Gange-, völlig unvorbereitet auf so eine Invasion war. Im Grunde überforderte es bereits mein Fassungsvermögen, dass es um diese Uhrzeit klingelte, denn das passiert sonst nie. Wer so spät noch etwas von uns will, kennt uns so gut, dass er durch den Hintereingang kommt.

nachdem ich die Tür geöffnet hatte waren die Dinge nicht mehr aufzuhalten.

Der Wortführer der beiden Herren, ein gewisser Herr Glandowski, stellte sich und seinen wesentlich unscheinbareren Kollegen vor und erklärte, dass sie eben jenen Staubsaugerhersteller vertreten würden. In diesem Augenblick schnappte die Falle zu, denn jetzt fühlte ich mich sicher.

Ich besitze nämlich bereits ein Exemplar dieser Marke und konnte selbst die Frage, ob ich denn noch über genügend Staubsaugerbeutel verfügen würde, erleichtert mit "ja" beantworten.

Trotzdem standen beide plötzlich mitten im Wohnzimmer. Herr Glandowski hob schnuppernd die Nase in die Luft:" Das passt ja gut, dass der Kaffee gerade fertig ist."

Natürlich entbehrte das jeder Grundlage. Wer trinkt um so eine Uhrzeit schon Kaffee, wenn er nicht dänischer Abstammung ist?

Während mein Mann, der gerade oben eine Kommode zusammen schraubte sich räusperte, begab ich mich, halb amüsiert, halb resigniert in die Küche, um Kaffee zu kochen. Die Herren hatten es sich bereits auf der Couch bequem gemacht. Es war offensichtlich, dass der eine von beiden noch in der Einarbeitungszeit war. Er sprach, wenn überhaupt, nur einzelne Worte, kicherte aber immer wieder beifällig in die Richtung von Herrn Glandowski. Wahrscheinlich erzitterte er schon in vorweg genommener Schadenfreude darüber, wie wir uns gleich in ferngesteuerte Wesen verwandeln würden, unfähig eigene Entscheidungen zu treffen.

Nachdem wir zu viert, mein Mann hatte sich inzwischen zu uns gesellt, eine Weile vertraulich über dies und jenes geplaudert hatten, während die Kinder Herrn Glandowski mit unverholener Bewunderung beobachteten, holte der Anzulernende den Koffer mit den Vorführobjekten aus dem Auto.

Jetzt wo wir uneingeschränktes Vertrauen gefasst hatten, begann aus dem Hinterhalt die strategische Attacke auf mich in meiner Eigenschaft als Hausfrau.

Der kichernde Anwärter öffnete den Koffer, während unser charismatischer Freund mit dem Blick über unsere holzgetäfelte Decke glitt und leicht angewidert an ein paar Spinnweben hängen blieb. Naja, man käme ja auch schlecht ran, gab er zu.

Es sei denn, man hätte einen Teleskopstab mit einer rotierenden Saugbürste, wie er gerade zufällig einen dabei habe. er steckte das Ding zusammen, wobei er auf die praktischen beweglichen Gelenke hinwies, die es einem erlaubten in wirklich jede Ecke vorzudringen und entfernte mit spielerischer Leichtigkeit zwei von den ungefähr fünfunddreißig Spinnweben an unserer Wohnzimmerdecke.

Ich berichete von dem einzigartigen Spinnenbefall im vergangenen Sommer und den ohne Mikroskop kaum sichtbaren Nestern, aus denen wieder hunderte schnell wachsender Spinnen kröchen, die in der Lage seien, innnerhalb von Stunden ein ganzes Haus einzuspinnen.

Das Ende dieser Probleme würde der Teleskopstab sein, Das war sowohl meinem Mann als auch mir klar, und da er im Verhältnis zu seiner Effizienz so gut wie nichts kostete, bestellten wir sofort.

Man hatte offensichtlich nichts Anderes erwartet, denn jener Teleskopstab war tatsächlich ein kleines Wunderwerk, das sich gegen einen kleinen Aufpreis auch noch mit einem weiteren Aufsatz ergänzen ließ, den wir ebenfalls bitter nötig hatten, wie sich gleich herausstellen sollte.

der Teleskopstab sei natürlich ohne die Softdüse 309, mit der man problemlos hinter jeden Heizkörper käme unvollständig, sprach`s und hatte, ehe ich irgendwie reagieren konnte schon montiert.

meine Gefäßwände zogen sich vor Scham zusammen, als er die Softdüse behangen von esstellergroßen Staubmäusen, die wie schwerelos vor seinen Brillengläsern baumelten hinter der Heizung hervor holte. Unter der Heizung krochen wie lebendige Wesen zahlreiche ebensolcher Exemplare, aufgescheucht durch den Luftzug der Bewegung

heraus und wanderten träge die Fliesen entlang.

ich tat so, als hätte ich sowas nie zuvor gesehen ohne einen Funken Hoffnung, dass mir das irgend jemand abnehmen würde.

Mein Mann und meine Kinder sahen mich angeekelt an, so dass ich zunächst froh war, als der komischerweise immernoch überaus freundliche Vertreter wieder das Wort ergriff, um eine weitere unverzichtbare Neuheit seiner Firma vorzustellen, - den Polsterboy.

Sekundenlang glaubte ich außer Gefahr zu sein, denn es wurde seine Nützlichkeit im Auto angepriesen, und unseres befand sich zur Zeit in der Werkstatt.

Ich bin ganz sicher, dass nicht einmal 10 Polsterboys die nötige Kapazität für die Unmengen von Sand, Bonbonpapier, Kekskrümeln und Hundehaaren gehabt hätten, die unseren Fahrgastraum bevölkerten.

Unser Hygieneexperte machte auch keine Anstalten, die Fähigkeit des Polsterboys an unseren Betten zu demonstrieren, wofür er natürlich wie gemacht sei. Sein Blick schweifte durch das Wohnzimmer nach einem geeigneten Objekt, um uns von der Notwendigkeit dieser Investition zu überzeugen.

Immerhin besitzen wir gepolsterte Esszimerstühle, aus denen solche Mengen Staub befördert wurden, dass mir nichts Anderes übrig blieb, als sie als Antiquitäten auszugeben, um nicht die gerade mühsam wieder errungene Restwürde zu verlieren.


Plötzlich schoß mir ein fürchterlicher Gedanke ein, und mir brach der kalte Schweiß aus. ich fing an innerlich zu beten, dass dieser nette tolerante Mensch, der inzwischen mein einziger Verbündeter zu sein schien, wenn ich die versteinerten Gesichter meiner Familie richtig interpretierte, nicht entdecken würde, dass man das Polster unseres Ledersessels abnehmen kann. Ich selbst hatte mich, glaube ich zum letzten Mal vor zwei Jahren daran erinnert. Aber dieser Mann war durch und durch ein Profi. Er steuerte zielstrebig darauf zu und brachte die schreckliche Wahrheit schneller zutage, als ich einen Schwächeanfall simulieren oder "Feuer" rufen konnte.

So murmelte ich mit ersterbender Stimme, das ich den Polsterboy gern kaufen würde, obwohl ich mir inzwischen sicher war, dass ich eines Polsterboys nicht würdig war, sondern froh sein konnte, wenn der Mann nicht das Gesundheitsamt informierte und mir die Kinder wegnehmen ließ.

Niemand sagte etwas. Das einzige Geräusch war das Rattern, mit dem zwei Jahre Dreck im Staubsauger verschwanden. Anschließend wurde wortlos ein weiters Kreuz auf dem Bestellzettel gemacht. Es soll niemand behaupten, Handelsvertretern seien jede Skrupel fremd. Diesem lag die Gesundheit meiner Familie mindestens genauso am Herzen wie mir. Er räumte uns ohne zu zögern eine bequeme Ratenzahlung ein, als mein Mann kurz unsere angespannte finanzielle Situation erwähnte. Ich empfand grenzenlose Dankbarkeit.

Es war mittlerweile nach 20.00 Uhr. Mein Mann verschwand mit den Kindern im Badezimmer, wahrscheinlich um deutlich zu machen, dass wenigstens einer in dieser Familie etwas auf Sauberkeit hielt.

Ich traute meinen Ohren kaum, als mir angeboten wurde, meine Rehabilitation als Hausfrau zu ermöglichen, indem man mir das absolute Muss für jeden fliesenreichen Haushalt wie unseren vorführen würde, - wenn`s denn noch Schnittchen gäbe.

Der Mann wollte mich also nicht nur nicht anzeigen, sondern sogar bei mir essen!

Mein inzwischen völlig demontiertes Selbstwertgefühl fing an sich mühsam wieder aufzurichten.

Nachdem wir gegessen hatten, ich mich persönlich von den Qualitäten des Pulilux Fliesenfußes überzeugt hatte (als wenn dies auch nur ansatzweise nötig gewesen wäre) und das Kreuz auf dem Bestellschein gemacht war, rechnete unser Besuch in aller Freundschaft aus, dass wir schon in 26 Monaten mit der Abzahlung fertig sein würden und ließ mich per Unterschrift auf der Einzugsermächtigung besiegeln, dass ich mich für den Weg in eine positive, weil hygienische Zukunft entschieden hatte.

Die Herren standen auf und verabschiedeten sich. der Kicherer verstaute stumm die Utensilien im Koffer, während der andere, eigentlich schon halb draußen, noch ein paar letzte Worte an mich richtete:" Ach übrigens,- haben Sie schon bemerkt, dass Ihr Staubsauger müffelt? Ich lasse Ihnen ein Paket Aktivlufterfrischer da, einfach nur in den Staubsaugerbeutel stecken, - pro Beutel ein Stäbchen. Und Ihre Rundbürsten sind mindestens fünf Jahre alt. Ich baue Ihnen schnell einen Satz neue ein. Brauchen Sie eine Quittung?"

Zehn Minuten später waren beide mit unserem letzten Hunderteuroschein verschwunden und ließen uns völlig erschöpft, aber grundsätzlich optimistisch in die Zukunft blickend zurück.

Während ich dies schreibe, öffnet gerade mein Mann dem Briefträger die Haustür.

Er ist zur Zeit der Einzige, dem wir öffnen, weil wir wissen, dass er nicht reinkommt.

Eine Armee von Staubmäusen bewegt sich im Windzug unter dem Garderobenschrank

hervor auf mich zu. Hoffentlich hat der Briefträger nichts gesehen. In der Nachbarschaft haben wir unter dem Vorwand einer andauernden ansteckenden Infektion, die mich befallen hat gebeten von Besuchen bis auf Weiteres abzusehen.

In drei Wochen erwarte ich die Lieferung, die meinem Schattendasein ein Ende bereiten wird: Ein Telekopstab NR193 mit Soft- und Variodüse, ein Pulilux Fliesenfuß NR 450 und ein Polsterboy NR 411.


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Plädoyer für den Brustbeutel


Es muss etwas passieren, und zwar bald.

Es gibt offensichtlich pathologische Defizite in meinem Kurzzeitgedächnis. Das Chaos in mir droht mir das Ruder aus der Hand zu nehmen.

Zum zweiten Mal in zehn Tagen habe ich unsere Küche mit annähernd 20 Litern Wasser überflutet. Beim Vorhaben abzuwaschen den Wasserhahn aufgedreht und mich dann hingebungsvoll anderen Baustellen zugewandt, bis komische Geräusche aus der Küche mich stutzig werden ließen.

Ich versuche, mich damit rauszureden, dass nahezu alle Mütter potenzielle "Vergesser" sind, weil sie von einer grundlegenden Dauererschöpfung befallen sind, die nicht folgenlos bleiben kann.

Nur bei mir ist es schlimmer als bei anderen. Und wo ich gerade so schonungslos ehrlich mit mir bin, muss ich die Deckung als Mutter verlassen und zugeben, dass ich schon immer so war.

Ich will mich nicht damit herausreden, dass ich genetisch versaut bin, obwohl es stimmt. Das würde einer totalen Kapitulation gleichkommen, - und ich versuche gerade mir einzureden, dass noch etwas zu machen ist.


Zu meinen Eltern will ich nur soviel sagen, dass sie mich noch nie auf Anhieb mit meinem richtigen Namen angesprochen haben, wobei mein Vater sich zumindest an weibliche Vornamen hält, was meiner Mutter nicht immer gelingt.

Das hat mir nicht geschadet, sondern mir eine gewisse Flexibilität erhalten.

Auch sonst habe ich unter der Gedächnisschwäche meiner Eltern noch nie ernsthaft gelitten. Im Gegenteil.

Ich habe Dinge mit Ihnen erlebt, die anderen Kindern vorenthalten bleiben.

Wer kann schon von sich behaupten, seine Mutter zweimal die Zeche prellen gesehen zu haben? Mein Mann bekam drei Jahre in Folge zu Weihnachten den gleichen Schlüsselanhänger von ihr geschenkt und ich zwei Jahre nacheinander die gleichen Winterstiefel.

Mein Vater hat ein bemerkenswertes Langzeitgedächnis, würde aber durchaus mit zwei verschiedenen Schuhen los laufen, wenn niemand auf ihn aufpasst.

In mir vereinen sich diese verschiedenen Formen der Schusseligkeit und machen mir das Leben schwer.

Ich lief schon immer regelmäßig gegen Hindernisse die in meiner Schneise standen. Meine Mutter reißt mich heute noch vor jedem Briefkasten oder Laternenpfahl zur Seite, wenn wir zusammen unterwegs sind.

Weil aus ihrer Sicht schon als Fußgänger nicht verkehrssicher bin, weigerte sie sich auch, mir auch nur einen Pfennig zum Führerschein dazu zu geben. Ich weiß nicht, ob diese zahlreichen Kollisionen zu meinen geistigen Fehlleistungen beigetragen haben oder ob sie eine Folge davon sind.

Es steht nur soviel fest: es steckt schon lange in mir.

Fatal ist auch das tägliche Verbummeln von Gegenständen, leider durchaus auch wichtigen. Das lässt sich am besten anhand eines typischen Beispiels beschreiben.- mein Verhältnis zu Brieftaschen.

Was ich dabei in aller Dankbarkeit erwähnen muss ist dass ich einen herausragenden Schutzengel habe, der mich nicht nur bislang vor ganz schlimmen Verletzungen bewahrt hat, sondern sich auch die Zeit nimmt, sich um Dinge wie verlorene Brieftaschen zu kümmern.

Ich mag es kaum erzählen, aber ich habe in nur zwei Jahren sieben Mal meine Brieftasche verloren, davon allein dreimal mit demselben Trick. Am allerbesten klappt der, wenn man gerade beim Geldautomaten war und das Portemonnaie so richtig schön voll ist.

Ort des Geschehens: eine beliebige öffentliche Toilette, vorzugweise in einer überfüllten Kneipe. Die Brieftasche steckt, weil man keine Lust hatte eine Tasche mitzunehmen im Hosenbund: Hose runter, Brieftasche auf den Klorollenhalter, hinsetzen, fertig, Hose hoch, - ohne Brieftasche raus.

Dann, irgendwann in der folgenden Stunde, wenn man sein Bier bezahlen will der Schock.-

Man kann sich an dieses Gefühl einfach nicht gewöhnen, wie das Adrenalin an den Gefäßwänden knabbert. Es wird mit jedem Mal schlimmer. Ich bin längst über das Stadium hinaus, in dem man anfängt panisch alle Taschen zu durchwühlen, denn ich bin in meiner Vorgehensweise absolut zuverlässig. Nein, mir ist in dem Moment sofort alles klar und ich beginne augenblicklich mit der inneren Selbstzerfleischung.

Das eigentlich Unfassbare daran ist, - ich habe jedes Mal alles wieder bekommen, sowohl die Brieftasche als auch den Inhalt. Manchmal waren es die finstersten Gestalten, die mein Geld mit der größten Selbstverständlichkeit am Tresen abgaben, ohne sich hinterher auch nur einen ausgeben zu lassen.

Mehrmals habe ich auch Portemonnaies auf der Straße oder beim Einkaufen verloren. Das erste ließ ich in einer Telefonzelle liegen. Jedes Mal brachte es mir jemand wieder.

Als mein Sohn paul drei Jahre alt war, hüteten wir mal in der Wohnung meiner Mutter ein, die zu dem Zeitpunkt

verreist war.

Ich verlor unser ganzes Geld mitsamt allen Papieren in der Fußgängerzone. Ich war der Verzweiflung nahe, denn wir hätten eigentlich nicht einmal unser Auto von dem gebührenpflichtigen Parkplatz auslösen können, wenn nicht der Parkplatzwächter so verständnisvoll gewesen wäre.

Am nächsten Tag rief ich, ohne an den Erfolg zu glauben beim Fundbüro an: " ach Frau Brandt! Gut dass Sie anrufen. Ich habe gestern schon diverse Brandts angerufen. Ich hatte gehofft, dass Sie bei Verwandten zu Besuch sind. Im Personalausweis steht ja, dass Sie eigentlich aus Lübeck sind."

Kann man so viel Glück fassen? Ich habe jedenfalls allen Grund meine Mitmenschen zu mögen.

Nachdem nun solche und ähnliche Dinge sieben mal in zwei Jahren geschehen waren, hatte mein Mann nicht mehr die Nerven dafür.

ich bekam einen Brustbeutel und die Situation entspannte sich. Jahrelang hatten wir Ruhe.

Irgendwann, nach einigen Jahren dachte ich dann, ich sei jetzt reif genug für eine Brieftasche. Immerhin war ich mittlerweile fast vierzig, und es sieht nicht zu jedem Anlass angemessen aus, wenn man sich vor dem Bezahlen erstmal das Hemd aufreißen muss ,um einen riesigen Brustbeutel hervor zu zaubern.

Es ging auch tatsächlich ein paar Monate gut, bis dann Nikolaustag war. Wir hatten ein halbes Jahr gespart, um mit den Kindern einen tollen Kinobesuch inklusive Popkorn und Kola bis zur Übelkeit zu machen. Anschließend wollten wir noch schön Essen gehen.

Ich weiß nicht, welchem Umstand es zu verdanken war, dass das Portemonnaie meines Mannes in MEINEM Hosenbund steckte. Normalerweise hat aus gutem Grund immer er das Geld, wenn wir zusammen unterwegs sind.

Dazu kam, dass meine Tochter und ich, als wir das Kino erreichten dringend nochmal auf die Toilette mussten.

Mein Mann und Paul nahmen schonmal die Plätze ein.

Auf der Toilette bekam meine Tochter in der Nachbarkabine technische Probleme. Ich zog mir mit Schallgeschwindigkeit die Hosen hoch um ihr zur Hilfe zu eilen.

Ich brauche wohl nicht zu erzählen, wo das Portemonnaie sich befand.

Wenigstens haben wir den Film sehr genosssen. ungefähr fünf Minuten vor Schluss vier verhängnisvolle Worte, die mich erstarren ließen:"DU HAST DAS PORTEMONNAIE"

Ich wusste sofort Bescheid, obwohl ich durch jahrelangen Brustbeutelzwang aus der Übung war.

Wortlos schleppte ich mich kreidebleich und mit weichen Knien Richtung Damentoillette. Natürlich war es nicht mehr dort. Ich war absolut hoffnungslos. Auf dem Weg zum Kartenschalter, wo ich der Form halber noch einmal nachfragen wollte, zerfleischte ich mich vor Selbsthass, weil ich allen diesen Tag, auf den wir uns so gefreut hatten, komplett versaut hatte. ich sah mich schon in der Fußgängerzone tanzen, damit wir wenigstens unser Auto aus dem Parkhaus holen konnten, um nach Hause zu fahren.

Als ich bei der Dame am Schalter angekommen war, hatte ich wirklich Mühe, die Frage überhaupt über die Lippen zu bringen. Als ich mit tonloser Stimme meine Frage durch die Zähne quetschte, ging schon ein verheißungsvolles Leuchten über ihr Gesicht:"die Brieftasche ist hier." Ein kleines Mädchen hatte sie abgegeben.

Als ich zum Kinosaal ging um erleichtert Entwarnung zu geben, kamen mir die drei schon mit käsigen Gesichtern entgegen, weil sie sich in aller Schrecklichkeit die nächsten Stunden ausgemalt hatten.

So hatte das Ganze einmal mehr ein Happy End.


Ich aber werde nie reif genug für eine Brieftasche sein.

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